Von Lichtenfels nach Cournon mit dem Rennrad  [Bilder]

RVC Stetten begründete mit einer Sechsetappenfahrt die Freundschaft mit Cournon auf Vereinsebene

Lichtenfels. Städtepartnerschaften sind ein wichtiges Mittel zur Völkerverständigung. Die Stadt Lichtenfels pflegt deshalb seit unterschiedlichen Zeiten Partnerschaften zu den vier Städten Vandalia in den USA, Prestwick in Schottland, Cournon in Frankreich und Ariccia in Italien.

In diesem Jahr kann das 20-jährige Jubiläum der Partnerschaft mit Cournon d’Auvergne gefeiert werden, nachdem im Mai 1992 die Städtepartnerschaft zwischen den beiden Orten mit gegenseitigen Besuchen besiegelt wurde. Schnell erfüllte sich die Partnerschaft durch zahlreiche Begegnungen von Schülern, Jugendlichen, und Erwachsenen mit Leben, aus denen sich Freundschaften entwickelten und sich starke Bindungen zwischen den Bürgern der beiden Städte aufbauten, wobei es auf den verschiedensten Ebenen Kontakte gab, ob in den  Bereichen Politik, Kultur, Schüler und Jugend, Wirtschaft (Berufspraktika), Vereinsleben oder Sport. Gerade im Vereinsleben war wohl der Radfahrverein Concordia Stetten einer der ersten Sportvereine, der Kontakt zu einem gleichartigen Verein in Cournon suchte und auch schon im September 1992 mit dem „Cyclotourisme Cournon“ fand. Die rührige Radsportabteilung des RVC Stetten mit ihrem damaligen Leiter Erwin Reus wollte die neue Verbindung nicht mit kleinen Schritten, sondern mit einem Paukenschlag in die Wege leiten. So plante man sofort für das nächste Jahr eine Fahrt mit den Rennrädern in sechs etwa 200 km langen Etappen nach Cournon, die der leider schon verstorbene Jochen Meuser bis ins Kleinste ausarbeitete und der auch für ein Begleitfahrzeug sorgte. Am Freitag, 4. Juni 1993, war es dann so weit. Der damalige 2. Bürgermeister Winfried Weinbeer schickte die acht Radsportler Erwin Reus, Jochen Meuser, Alfred Brozicek, Günther Lamm, Martin Vogt, Bernd Stühlein, Friedrich Schedel und Dr. Alfred Thieret als „Botschafter des Sports“ auf den etwa 1150 km langen Weg. Nach den ersten Etappenorten Osterburken und Lichtenau in Deutschland erreichte man in Frankreich bei brütender Hitze über teilweise recht bergige Strecken meist ziemlich erschöpft die Etappenziele Giromaguy, Auxonne und Charlieu. Am vorletzten Etappenziel wurden die Lichtenfelser von einer Radsport-Delegation aus Cournon erwartet. Nach einem ersten Kennenlernen beim Abendessen begab man sich am letzten Tag gemeinsam auf die zwar kürzeste aber auch mit Abstand schwerste Etappe. Bei unerträglicher Hitze ging es fast ständig und noch dazu auf teilweise sehr schlechten Nebenstraßen bergauf. Aber auch hier konnte man die etwas andere Einstellung der Franzosen, nämlich das berühmte „savoir vivre“ kennenlernen. Als alle völlig kaputt auf einem 900 m hohen Berg ankamen, holte einer der Franzosen in einem nahe gelegenen Ort fünf Liter Wein, der gemeinsam getrunken wurde, wobei sich die Stettener doch etwas zurückhielten. Anders als die Franzosen ein Jahr später verfolgten zudem die Stettener das ehrgeizige Ziel, die Gesamtdistanz mit einem Schnitt von 30 Stundenkilometern zu absolvieren, was ihnen auch gelang.

In Cournon angelangt, wurden die Radsportler freundlich empfangen und zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen. Die beiden nächsten Tage waren mit einem Empfang, an dem der extra angereiste Lichtenfelser Bürgermeister Winfred Bogdahn teilnahm, Besichtigungen der Umgebung mit der schönen Vulkanlandschaft um den Puy de Dome oder der Messerstadt Thiers sowie Einladungen mit ausgiebigen und leckeren Essensangeboten ausgefüllt. Glücklich über die neu gewonnene Freundschaft machte man sich am Samstag, 12. Juni, nach herzlichen Umarmungen mit dem Bus wieder auf den Rückweg. Die französischen Freunde um ihren Vorsitzenden Francis André und Jean Deconchat, der gleichzeitig Präsident des Partnerschaftskomitees war und als einziger Deutsch sprechen konnte, machten ihre Ankündigung wahr und fuhren ein Jahr später ebenfalls mit acht Leuten in sechs Tagen nach Lichtenfels, wobei sie auf der letzten Etappe von Osterburken aus bei sengender Hitze von acht Stettener Fahrern um den neuen Radsportabteilungsleiter Dr. Alfred Thieret begleitet wurden. Die französischen Freunde, bei denen zusätzlich noch einige Familienmitglieder mit dem Auto ankamen, wurden natürlich alle bei Familien der heimischen Radsportfreunde untergebracht. Während des dreitägigen Aufenthalts kam man zu einem offiziellen Empfang im Stadtschloss zusammen, brachte den Gästen die Sehenswürdigkeiten wie Vierzehnheiligen, Kloster Banz, Staffelberg, Kemitzenstein nahe, besuchte Feste wie die Uetzinger Kerwa und vergnügte sich bei Gartenpartys in privater Runde, wobei man, umgeben von Flaggen der beiden Länder deutsche und französische Lieder sang. Gemeinsam erlebte man drei unvergessliche Tage, so dass der Abschied schwer fiel. Die Freundschaft wurde weitervertieft durch einen privaten Besuch des Stettener Radsportabteilungsleiters ein Jahr später in Cournon, wobei er während des zehntägigen Aufenthalts von verschiedenen Radsportfreunden aufgenommen wurde. Auch wenn sich, bedingt durch die Sprachbarrieren, die weite Distanz und die Altersstruktur, die Verbindung mittlerweile auf eine Brieffreundschaft zwischen Francis André und Dr. Alfred Thieret beschränkt, so wurden doch die beiden gegenseitigen Etappenfahrten zu einem Highlight in der Geschichte der beiden Vereine und leisteten eine Beitrag zur deutsch-französischen Freundschaft und zu einer  gedeihlichen Entwicklung der Partnerschaft der beiden Städte.
                                                                                                                                       Dr. Alfred Thieret

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